Evangelische
Kirchengemeinde
Wesel
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Theaterprojekt im Jugendzentrum Katakomben

„Ein Tisch ist ein Tisch“, wer wollte daran zweifeln?

Sicher niemand, wäre da nicht dieser alte Mann, einsam, eingeschlossen in seinem Zimmer im obersten Stock eines Hauses am Ende der Straße oder nahe der Kreuzung, erdrückt von der Monotonie und Langeweile seines immer gleichen Alltags. „Der alte Mann morgens einen {660_theatergruppejugendsept10klein.jpg}Spaziergang, nachmittags einen Spaziergang, sprach ein paar Worte mit seinem Nachbarn, und abends saß er an seinem Tisch“. Auch in seinem Zimmer änderte sich niemals etwas. „In seinem Zimmer sind zwei Stühle, ein Tisch, ein Teppich, ein Bett, ein Schrank. Auf einem kleinen Tisch steht ein Wecker, daneben liegen alte Zeitungen und das Fotoalbum, an der Wand hängen ein Spiegel und ein Bild. Das änderte sich nie, auch sonntags war das so. Und wenn der Mann am Tisch saß, hörte er den Wecker ticken, immer den Wecker ticken.“ (Peter Bichsel, Ein Tisch ist ein Tisch)

Eines Tages hatte der Mann einen besonderen Tag: „einen Tag mit Sonne, nicht zu heiß, nicht zu kalt, mit Vogelgezwitscher, mit freundlichen Leuten, mit Kindern, die spielten – und das Besondere {660_theatergruppejugendtabeasept10klein.jpg} war, dass das alles dem Mann plötzlich gefiel. Er lächelte. 'Jetzt wird sich alles ändern', dachte er.“

Und als er voller Freude in sein Zimmer zurück kam, war alles genauso wie vorher. Und nichts hatte sich geändert. Und ihn überkam eine große Wut. „Immer derselbe Tisch, […] dieselben Stühle, das Bett, das Bild. Und dem Tisch sage ich Tisch dem Bild sage ich Bild, das Bett heißt Bett, und den Stuhl nennt man Stuhl. Warum denn eigentlich?“

Sieben Tage lang haben Hannah Bauer, Lara Grzegorzek, Michelle Ingenhorst und Tabea Lacks unter theaterpädagogischer Leitung von Sabine Kuhn die emotionalen Tiefen des alten Mannes ergründet und sich an eine Inszenierung gewagt; Theaterarbeit, die an die eigenen Grenzen führt und auch darüber hinaus. Jeder schlüpfte in die Rolle des alten Mannes. Die Bilder, die auf der Bühne entstanden, forderten viel - vom Zuschauer, aber auch von den Darstellern. Die Intensität der Darstellung sollte den Zuschauer an die Grenzen des Aushaltbaren führen – um schließlich die Situation des alten Mannes fühlbar zu machen. {660_theatergruppejugendallesept10klein.jpg}Das das auf das Äußerste gelungen war, zeigte die Resonanz nach der 40-minütigen Werkschau am Dienstag,den 24. August 2010. Das rege Publikumsgespräch im Anschluss an die Werkschau zeigte die intensive Auseinandersetzung der Zuschauer mit dem Gezeigten. Die Inszenierung hat ihr Ziel erreicht und Betroffenheit im Wortsinn ausgelöst.

Sabine Kuhn (Text und Fotos)